Arthrose
Geschrieben von: Markus Müller, Physiotherapeut, Manualtherapeut OMT
Konservative Behandlungsmöglichkeiten
Arthrose ist weltweit die häufigste Gelenkerkrankung und eine der Hauptursachen für anhaltende Schmerzen und erhebliche Einschränkungen im täglichen Leben. Wobei die Ätiologie der Schmerzen bis heute nicht vollumfänglich klar ist.
Als Risikofaktoren gelten neben Alter, Verletzungen, Übergewicht und Überlastung auch das Geschlecht sowie genetische Faktoren. Mindestens jeder zweite Mensch über 65 Jahren leidet heute unter der degenerativen Pathologie, aber auch jüngere Personen klagen v.a. nach Traumata über chronische Arthrose-Schmerzen.
Am häufigsten betroffen sind die Gewicht tragenden Hüft- und Kniegelenke. Das Leitsymptom, um sich an einen Arzt oder Physiotherapeuten zu wenden, sind Schmerzen. Das klinische Bild einer Arthrose stellt sich wie folgt dar:
- (chronische) Schmerzen
- Steifigkeitsgefühle
- morgendliche Anlaufschmerzen
- spür- und hörbare Krepitationen
- Bewegungsdefizite der betroffenen Gelenke, sowie gelenknaher Strukturen
- Einschränkungen im Bereich der Alltagsaktivitäten, sowie der gesellschaftlichen Teilhabe
Als Schmerzgeneratoren werden in der Wissenschaft der subchondrale Knochen sowie die Gelenkkapsel diskutiert.
Nach aktueller Studienlage finden sich bei rund 30% der Patienten aber auch deutliche Hinweise auf eine zentrale Störung der Schmerzverarbeitung.
Wichtig!
Ihr (Fach-) Arzt, bzw. Ihr Therapeut muss sich am Ende einer umfassenden Anamnese und körperlichen Untersuchung darüber im Klaren sein, unter welchem Schmerzmechanismus Sie leiden. Nur dann kann der für Sie richtige Therapieansatz gewählt werden. Das ist wichtig, denn Patienten mit einer zentralen Schmerzsensibilisierung benötigen einen anderen Behandlungsansatz (siehe weiter unten!). Wird eine zentrale Schmerzsensibilisierung nicht erkannt, hat das für den Betroffenen gravierende Folgen: Herkömmliche physiotherapeutische Behandlungsansätze bleiben weitgehend erfolglos, Medikamente ohne Wirkung und Operationen lindern nicht unbedingt die Beschwerden.
Zusatzinfo!
Man unterscheidet drei Arten von Schmerzmechanismen:
- Peripher nozizeptiver Schmerzmechanismus. Diesen kann man noch unterteilen in peripher nozizeptiv mechanisch, entzündlich und ischämisch.
- Peripher neurogener Schmerzmechanisums.
- Zentrale Sensibilisisierung.
Peripherer Schmerzmechanismus
Entzündliche Vorgänge in der Gelenkkapsel, als Reaktion auf den Knorpelabbau, im subchondralen Knochen und in den gelenkumgebenden Strukturen, sind potentielle Quellen für einen peripher nozizeptiven Schmerzmechanismus.
Die Arthrose kann somit als entzündliche Erkrankung klassifiziert werden.
Zentrale Sensibilisierungsmechanismen
Bei einer zentralen Sensibilisierung modulieren sowohl das Rückenmark als auch das Gehirn die Schmerzwahrnehmung dahingehend, dass Schmerzen entweder verstärkt wahrgenommen werden oder das normalerweise nicht-schmerzhafte Reize zu Schmerzen führen.
Die wissenschaftliche Evidenz der Therapieinterventionen
1. Bei einem dominant peripher nozizeptivem Schmerzmechanismus
Krafttraining
Eine kanadische Meta-Analyse zeigt signifikante Verbesserungen der Parameter Schmerz, Lebensqualität, Kraft und Bewegungsausmaß durch Kräftigungsübungen. Bemerkenswert erscheint, dass ein Krafttraining bis zu sechs Monate nach Therapieende positiv nachwirken kann. Neben diesem Langzeiteffekt verbessert es – durch die Kompression der Gelenkflächen – den Knorpelstoffwechsel und wirkt entzündungshemmend.
Die Trainingsintensität sollte zwischen 60% und 70% der Maximalkraft liegen. Trotz dieser relativ hohen Intensität sind – nach genauer Analyse von Stabilität und Irritierbarkeit des Gewebes – keine langanhaltenden Symptomverschlechterungen zu erwarten. Das Training darf Schmerzen auslösen, wenn diese anschließend schnell abklingen und sich Ruhesymptome nicht verstärken.
Sensomotorisches Training
Das sensomotorische Training hat wahrscheinlich ebenfalls einen positiven Einfluss auf das Leitsymptom Schmerz. Eine koreanische Studie belegt, dass ein achtwöchiges sensomotorisches Zirkeltraining für die untere Extremität das Schmerzniveau der Patienten verringert und signifikant deren Muskelfunktion verbessert.
Zusatzinfo!
Sensomotorik setzt sich aus zwei Wortteilen zusammen: Senso bedeutet „Sinn“ und bezieht sich auf die Sinneswahrnehmungen wie sehen, hören, schmecken, fühlen und riechen. Motorik bedeutet so viel wie „Beweger“ und bezieht sich auf die gesteuerten Bewegungen des Körpers. Durch das Training soll die Koordination der sensorischen Prozesse mit den motorischen Handlungen verbessert werden. Dies sorgt für eine verbesserte inter- und intramuskuläre Koordination.
Patientenschulung
Die Patientenedukation ist fester Bestandteil des konservativen Managements bei Arthrosen. In den initialen Stadien der Arthrose ist die Aufklärung über eine Veränderung der Lebensgewohnheiten – die Notwendigkeit von physischer Aktivität und einer evtl. notwendigen Gewichtsreduktion – ausschlaggebend für den Therapieerfolg. Voraussetzung für das Unterrichten ist die Beurteilung von Ängsten, Fehlvorstellungen und Vermeidungsverhalten der Patienten.
Manuelle Therapie
Patienten mit Arthrose imponieren häufig mit Funktionsstörungen, die in Zusammenhang mit ihren Schmerzen stehen. Ursache ist die bei Arthrose veränderte Mechanik des Gelenks. Die Manuelle Therapie verbessert die gestörte Arthrokinematik des Gelenks, was sich in einer Verbesserung des Bewegungsausmaßes zeigt. Gleichzeitig lindert die Maßnahme auch Schmerzen, wie eine aktuelle Untersuchung belegt: Bereits nach einer sechsminütigen Behandlung wurde bei Probanden eine signifikante Schmerzreduktion gemessen.
2. Wenn der dominierende Schmerzmechanismus die zentrale Sensibilisierung ist.
Hier ist eine Behandlungsstrategie bestehend aus
- Patientenedukation,
- Graded Activity und
- Graded Exposure
wesentlich vielversprechender als die Behandlungsansätze bei einem dominant peripher nozizeptivem Schmerzmechanismus.
Zusatzinfo!
Patientenedukation
Eine geplante und organisierte Lernerfahrung mit dem Ziel eine freiwillige Verhaltensanpassung oder eine Anpassung, der die Gesundheit betreffenden Einstellung eines Patienten, zu fördern.
Graded Activity ist ein strukturiertes und verhaltensorientiertes Behandlungskonzept zur schrittweisen Steigerung des Aktivitätsniveaus unter Berücksichtigung der Vorlieben des Patienten.
Graded Exposure bietet die Möglichkeit eine Reihe von Angststörungen zu behandeln. Hierzu erfolgt nach einer Schulungsphase, in der Angst auslösende Situationen besprochen werden, das aktive Bewegen unter Ignorieren der Schmerzen.
Das Fazit
Aus wissenschaftlicher Sicht ist für die Behandlung von Patienten mit Arthrose die Physiotherapie die erste Wahl.
(Zhang W, Moskowitz RW, Nuki G et al. OARSI recommendations fort he management of hip and knee osteoarthritis, patt I: critical appraisal of existing treatment guidelines and systematic review of current research evidence. Osteoarthritis Cartilage 2007; 15 (9): 981 – 1000. doi10.1016/j.joca.2007.06.014)
Um die Funktionalität der betroffenen Gelenke zu verbessern und Schmerzen zu lindern, erscheint eine Kombination aus Kräftigungsübungen, sensomotorischem Training und Manueller Therapie als evidenzbasiert und demzufolge als besonders sinnvoll. Ergänzend dazu muss immer eine Patientenedukation stattfinden.
Wichtig ist die Klassifizierung in Schmerzmechanismen um die beste Therapieoption auswählen zu können.
Bei „aktiv“ sind wir uns dieser Herausforderung bewusst. Unsere Therapeuten sind entsprechend ausgebildet und in der Lage die für Sie beste Therapieform auszuwählen. Unser Studio für medizinische Trainingstherapie bietet für Sie das optimale Umfeld um das notwendige Training auszuführen.